NEUROWISSENSCHAFTEN UND EMOTIONEN, WAS GIBT ES NEUES?

Emotionen

Sind unsere Emotionen angeboren oder sind sie ein Produkt unserer Kultur und unserer Umwelt?

Diese Frage ist seit langem Gegenstand von Debatten im Bereich der Neurowissenschaften und Emotionen. Forscher des INSERM (Französisches Institut für Gesundheit und medizinische Forschung), der Universität Caen Normandie, legen klinische Daten vor, die für die zweite Hypothese sprechen. Ihre Arbeit legt nahe, dass unsere Fähigkeit, Emotionen zu kennen und zu erkennen, schrittweise aufgebaut wird. Sie hängt von unseren Kenntnissen der Sprache ab.

Im Laufe der Geschichte haben die Neurowissenschaften den Ursprung der Emotionen in Frage gestellt. Sie haben die Wissenschaftler immer wieder neugierig gemacht. Auf der Grundlage von Darwins Theorien betrachteten sie emotionale Zustände lange Zeit als biologische Erfahrungen. Sie sind angeboren, universell und unterscheiden sich deutlich voneinander.

Angesichts der Tatsache, dass Emotionen nicht in allen Kulturen auf die gleiche Weise definiert werden und die Grenzen zwischen den Kategorien (Freude, Trauer, Wut…) nicht überall auf der Welt gleich sind, hat sich diese Sichtweise jedoch ständig weiterentwickelt. So hat sich in den letzten Jahrzehnten eine „konstruktivistische“ Emotionshypothese entwickelt. Sie besagt, dass Emotionen nicht angeboren sind. Es handele sich vielmehr um in der Kindheit erlernte Konzepte, die mit unseren körperlichen Empfindungen in Verbindung gebracht werden.

Diese Konzepte würden sich im Laufe des Lebens durch unsere Erfahrungen und unsere Umwelt erweitern. Um diese Theorie zu bestätigen und Neurowissenschaften und Emotionen miteinander in Verbindung zu bringen, fehlten jedoch solide Daten aus der Hirnbildgebung und der klinischen Praxis.

INSERM unterscheidet zwischen zwei Denkrichtungen

Um die beiden Denkrichtungen voneinander abzugrenzen, untersuchten der Inserm-Forscher Maxime Bertoux und das Team des Labors „Neuropsychologie und Darstellung des menschlichen Gedächtnisses“ 16 Patienten, die an einer seltenen neurodegenerativen Krankheit, der „semantischen Demenz“, litten.

Diese ist durch eine Verschlechterung des konzeptuellen Gedächtnisses gekennzeichnet, d. h. durch einen Verlust des Wissens, das man über die Welt und die Sprache hat. „Die Patienten haben Schwierigkeiten, das zu mobilisieren, was sie im Laufe ihres Lebens gelernt haben, z. B. sich daran zu erinnern, dass Berlin die Hauptstadt von Deutschland ist. Sie sind auch nicht in der Lage, Alltagsgegenstände zu identifizieren und sich an ihre Funktionsweise oder ihren Nutzen zu erinnern oder die Bedeutung von Wörtern zu verstehen. Die mit dieser Krankheit verbundene Verschlechterung des konzeptuellen Wissens dürfte sich jedoch nicht auf die Fähigkeit der Patienten auswirken, Emotionen zu kennen und zu erkennen, wenn diese tatsächlich angeboren sind“, erklärt Maxime Bertoux.

Neurowissenschaften und Emotionen: Ein identifiziertes Netzwerk im Gehirn

Die Teilnehmer wurden auf ihr konzeptuelles Wissen über vier Emotionen getestet: Wut, Stolz, Überraschung und Verlegenheit. In einem ersten Schritt wurden sie gebeten, ein Synonym für jede dieser Emotionen zu nennen. Anschließend sollten sie aus einer Liste ein weiteres Wort auswählen, das dem Synonym nahekommt. Danach sollten sie ein Beispiel für einen Kontext nennen, in dem diese Emotion empfunden werden könnte. Schließlich sollten sie aus einer Liste von Situationen diejenige auswählen, die am ehesten den betreffenden Gefühlszustand auslösen würde. In einer weiteren Phase sahen sich die Teilnehmer Fotos und Videos von Schauspielern an, die Emotionen ausdrückten. Sie sollten dann die jeweils dargestellte erkennen.

Im Vergleich zu gesunden Teilnehmern war das konzeptuelle Gedächtnis für Emotionen bei den Teilnehmern mit semantischer Demenz stärker beeinträchtigt. Im Durchschnitt waren diese Patienten weniger in der Lage, das richtige Synonym für eine bestimmte Emotion zu nennen oder auszuwählen. Aber auch, den richtigen Kontext auszuwählen, in dem man erwarten würde, sie zu empfinden. Sie hatten auch größere Schwierigkeiten, emotionale Zustände zu erkennen, die von anderen Personen ausgedrückt wurden. Unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ waren, ob sie auf Fotos oder in Videos gezeigt wurden.

Enge Korrelation zwischen Gedächtnisverlust und Erkennung von Emotionen

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse weisen die Forscher auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Verlust des Gedächtnisses für konzeptuelles Wissen und der Schwierigkeit, Emotionen zu erkennen, hin. Unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ sind.

Die Forscher setzten auch Techniken der Hirnbildgebung ein. Dadurch konnten sie die Gehirnnetzwerke identifizieren, die bei der Durchführung der verschiedenen Übungen mobilisiert wurden. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl bei den Aufgaben zur Erkennung von Gesichtsausdrücken als auch bei den Aufgaben zur Mobilisierung von konzeptuellem Wissen über Emotionen ein und dasselbe Netzwerk aktiv ist.

Diese Arbeit ist auch für den klinischen Bereich von Interesse. Denn viele psychiatrische und neurodegenerative Erkrankungen führen zu emotionalen Störungen.

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